Rechtsanwalt für Arbeitsrecht - Zeugnis

Habe ich einen Anspruch auf ein Zeugnis oder liegt ein solches im Ermessen des Arbeitgebers?

 

Arbeitnehmer, arbeitnehmerähnliche Personen und Auszubildende haben einen im Notfall klagweise durchsetzbaren Rechtsanspruch gegen den Arbeitgeber auf Ausstellung eines Arbeits- oder Ausbildungszeugnisses. Die rechtlichen Anspruchsgrundlagen finden sich in § 109 Gewerbeordnung (GewO), § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).  

 

Ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses maßgeblich für den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

 

Die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist für das Entstehen des Anspruches auf ein Zeugnis grundsätzlich unerheblich. Es ist jedoch hinsichtlich der Frage, auf welche Art des Zeugnisses ein Anspruch besteht, die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses unter bestimmten Umständen entscheidend.

 

So kann nach einer kurzzeitigen Beschäftigung (6 Monate) unter bestimmten Voraussetzungen nur ein so genanntes einfaches Arbeitszeugnis verlangt werden.

Im Rahmen eines solchen Arbeitszeugnisses kann der Arbeitnehmer ein Zeugnis über Art und Dauer seines Arbeitsverhältnisses verlangen. Zu nennen sind dabei die Person des Arbeitgebers, die des Arbeitnehmers mit Name, Vorname und Beruf sowie Geburtsdatum und Anschrift.

Die Art der Beschäftigung muss möglichst genau beschrieben werden.

 

Handelt es sich um ein Zeugnis für einen Auszubildenden, muss im Rahmen eines einfachen Ausbildungszeugnisses wiedergegeben werden, welche Fähigkeiten der Ausbildende erlangt hat.  

 

Welche Arten von Zeugnissen gibt es?

 

einfaches Zeugnis

 

Bei kurzer Dauer des Arbeitsverhältnisse (bis 6 Monate) kann unter Umständen nur ein einfaches Arbeitszeugnis verlangst werden. In diesem Zeugnis kommt es nicht zu einer Bewertung von Führung und Leistung des Mitarbeiters.

 

Inhalt eines einfachen Zeugnisses:

 

  • Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • Angaben zur Person des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, beim Arbeitnehmer mit Angabe von Name, Vorname, Beruf, Geburtsdatum und Anschrift
  • detaillierte Angabe des Arbeitsplatzes und der ausgeübten Tätigkeit
  • beim Auszubildenden: Mitteilung, welche Fähigkeiten der Auszubildende während der Ausbildung erlangt hat. 

 

qualifiziertes Zeugnis

 

Neben dem Inhalt eines einfachen Zeugnisses ist das Arbeitszeugnis auf Verlangen des Arbeitnehmers auch auf Führung und Leistung während der Dauer der Beschäftigung auszudehnen (so genanntes qualifiziertes Zeugnis).

 

Inhalt eines qualifizierten Arbeitszeugnisses:

 

  • möglichst vollständige und genaue Beschreibung der Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausgeübt hat und zwar so, dass sich ein zukünftiger Arbeitgeber ein ausreichend klares Bild hiervon machen kann

 

  • ungewöhnliche, länger andauernde Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses sind nur dann und ohne Gründe zu vermerken, wenn sie die gesamte Beschäftigungszeit geprägt und in etwa die Hälfte der Gesamtbeschäftigungszeit ausgemacht haben (stets Einzelfallbetrachtung angezeigt)

 

  • Beurteilung der Leistung durch die Darlegung von Fachkenntnissen, Arbeitsqualität, -bereitschaft und Fleiß

 

  • Beurteilung der Führung des Arbeitnehmers durch Beschreibung der für das Sozialverhalten maßgeblichen Kriterien, wie z. Bsp. Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden

 

  • bei Führungskräften, Darstellung eines konkreten Führungsverhaltens

 

  • Die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden nur genannt, wenn dies durch den Arbeitnehmer gewünscht wird.

 

Muss ein Zeugnis eine allgemeine Wunsch- oder Dankensformel enthalten?

 

Allgemeine Wunsch- und Dankensformeln, wie „Wir bedauern das Ausscheiden von Frau Müller und wünschen ihr für ihren weiteren beruflichen und persönlichen Werdegang alles Gute“ sind üblich, aber besteht auf eine solche Formulierung aber auch ein Anspruch?

 

Diese Frage war lange umstritten, ist aber mittlerweile durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) geklärt. Nach der Entscheidung des BAG vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00) besteht eins solcher Anspruch nicht.

Eine solche Formulierung ist aber trotzdem üblich. Ist sie in einem Zeugnis nicht vorhanden, lässt dies u. U. auf eine negative Bewertung des Arbeitgebers schließen. Sie sollten daher daraufhin wirken, dass sie Inhalt des Zeugnisses ist.

 

Wie „frei“ ist der Arbeitgeber bei der Bewertung?

 

Der Arbeitgeber ist bei der Bewertung des Arbeitgebers „frei“. Aber wie „frei“?

Die Bewertung des Arbeitgebers muss wahrheitsgemäß und wohlwollend sein. Wenn es keine nachweisbaren Abweichungen nach „oben“ oder „unten“ gibt, hat der Arbeitnehmer jedenfalls einen Anspruch auf eine befriedigende Bewertung seine Führung und Leistung.

Gibt es eine Geheimsprache beim Verfassen des Zeugnisses?

Ob es eine solche Geheimsprache wirklich gibt, ist umstritten. Fakt ist aber, dass sich eine „Zeugnissprache“ herausgebildet hat. Dabei bedeuten bestimmte Formulierungen eine entsprechende Zeugnisnote. Die Varianten sind dabei natürlich vielfältig. Nachfolgend einige Beispiele:

 

       "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" = sehr gut

       "zu unserer vollsten Zufriedenheit" = gut

       "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" = gut

       "stets zu unserer Zufriedenheit" = befriedigend

       "zu unserer vollen Zufriedenheit" = befriedigend

       "zu unserer Zufriedenheit" = ausreichend

       "im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit" = mangelhaft"

       „er hat sich bemüht“ = mangelhaft